Mitteldeutschland Sommer 2010



Eine kleine Hochsommer-Runde durch die alte Heimat.

Buche

Gut gehalten: Initialien von 1980!



Sonntag, 27.6.:  

9:20 Uhr mit dem ICE und ohne Fahrrad nach Saalfeld. Wenige Minuten Verspätung, der Bummelzug nach Arnstadt hat wegen einer Minute nicht gewartet. Macht 2 Stunden Aufenthalt in Saalfeld. Formular für die 50%-Fahrpreis-Rückerstattung abholen, Saalfeld anschauen. Sehr schönes Stadtzentrum, auch ganz ohne Feengrotten sehenswert. Es ist heiß.

Weiter über Arnstadt nach Zella Mehlis, der Stadtbus nach Suhl Nord fährt fahrplanmäßig zwei Minuten vor Ankunft des Zuges ab... Bei schönstem Wetter und freundlichem Bergpanorama 50-Minuten-Wanderung durchs (bis auf die Autobahn) sonntäglich ruhige Industriegelände nach Suhl Nord. Teatime auf dem Balkon und Abendspaziergang um den Möchtegern-Friedhof.

Montag, 28.6.:  

Fast 8 Stunden in den Bergen unterwegs, Hauptziel Schneekopf, bestes Panorama-Wetter. Das "Haus am Berg" in Goldlauter ist dicht, es hat keinen Pächter mehr. Sehr schöner Pfad an der Westseite des Tals der Dürren Lauter aufwärts, super Teatime-Bank gleich am Anfang. Den Steig hinter der Info-Tafel am oberen Ende des Tals aufwärts, führt zu einer nach bayrisch-/osterreichischem Vorbild roh aufgefrästen Forstpiste. Weiter über die Suhler Hütte auf den Schneekopf, weites Panorama. Reichlich MTBler. Rückweg auf der anderen Seite der dürren Lauter, dort Fortspiste.
Balkon-Teatime, Erdbeeren, leckeres Fischessen.
 
Dienstag, 29.6.:  

9:40 Zug von Suhl nach Erfurt. 3 Stunden Stadtrundgang, alles schnieke hergerichtet. Die ausgedehnte, schon weitgehend renovierte Zitadelle anschauen. Brotzeit mit tollem Panorama über Stadt und Land auf der Mauer. Zug nach Halle. Bei Ammendorf monströse Hochstelzen-Trassen durch die Auwald-Sümpfe. 3 Stunden Stadt-Rundgang. Reichlich abgewrackte Gestalten. Äußerst günstige Mietangebote. Stadtzentrum gut hergerichtet.

Veolia-Zug über Könnern nach Bernburg. Die vormalige Landidylle gibts nicht mehr. Überall gewaltige neue Industriebauten, Windparks und eine neue Autobahn. Der Bahnhof in Könnern rottet vor sich hin, in Bernburg gibts nicht mal mehr Gepäck-Schliessfächer.
Laufe durch die schachbrettartigen, langen Straßen hoch ins Zentrum, sehr viel hat sich nicht verändert.  Unterm Karlsplatz mit seiner Weltzeituhr gibts jetzt eine riesige Tiefgarage. Lindenblütenduft von den vielen Lindenbäumen liegt über der ganzen Stadt.  Laufe weiter runter zur Saale, lande mit meinem Zelt statt auf dem "richtigen" Campingplatz im Wasserwanderclub davor, sehr freundlich und preiswert. Liegt gleich neben Kuhnis und Knollis Bootshaus. Bestelle zwei Brötchen zum Frühstück. Zum Sonnenuntergang reichlich Mücken, im Auenwald gegenüber ein dicker Fischadler. Die Saale stinkt nicht mehr.

Mittwoch, 30.6.:  

Zum Frühstück leckere Brötchen. Laufe am Ufer entlang, weiter eine Runde durch die Talstadt. Dann hoch Richtung Karlsplatz, kurz davor Kaffee trinken in der Fussgängerzone. Zum Busbahnhof im Süden vom Karlsplatz, 10:35 Bus nach Könnern. Ein Stück zurück Richtung Bernburg, unser altes Haus liegt jetzt hinter einem Baumarktzaun, dafür sind Aldi und Rewe in unmittelbarer Nachbarschaft. In kurzem Takt donnern schwere LKW am Haus vorbei.

Durch die Innenstadt hoch auf den Berg, vorbei an der verfallenden Stadtbibliothek, vor zur alten Grundschule, ist jetzt Kinderkrippe. Runter zur Kirche, dahinter in den kleinen freundlichen Park, Brotzeit-Pause auf einer schattigen Bank. Dann Richtung Burgstraße an der ehemaligen Schule vorbei, ist jetzt Hort. Dahinter das großzügige, nagelneue Schulzentrum. Auf der linken Seite unter den Bäumen an der ehemaligen (?) Bäckerei Schröder vorbei. Die Rolläden sind unten, der Name steht noch dran. Überhaupt gibts in der Stadt scheinbar überhaupt nichts mehr zum Lebensmittel-Einkaufen. Und es ist ausgesprochen ruhig bis tot, man sieht kaum Leute. Nur auf den Straßen die Autos, die sind weit zahlreicher als früher.

Die Burgstraße entlang, rechts unten liegt unser alter Hof in der Großen Freiheit, nur gibts keinen offenen Zugang mehr, überall stehen jetzt Zäune. Auch in Richtung Schlucht gibts keinen Durchgang mehr, wieder alles voller Zäune. Auch der Kirschgrund ist jetzt weiträumig eingezäunt, dort ist jetzt eine Damwild-Zucht. Rechts davon gibts noch einen Pfad durch den Wald am Zaun entlang auf die Anhöhe. Der Pfad führt oben durch die neuen Felder an unserem alten Haus vorbei. Ringsum das ehemals große, weite und freie Wiesen-Grundstück ist total zerstückelt, es gibt wieder reichlich Zäune und neue Häuser und Getreide statt Wiese.
Nur auf einem eingezäunten Stück Land unterhalb des Hauses neben der Schlucht hat noch ein Sück der alten Wiese mitsamt Hühenerstall die neuen Zeiten überlebt. Oberhalb davon, an der Zufahrt von der Stadt, ist die Schlucht sogar noch an einer Stelle frei zugänglich. Allerdings ist alles total zugewachsen, da man auf der anderen Seite der Schlucht nicht mehr heraus kommt.
Die neue Autobahn im Norden dröhnt bis hier hoch. Dazu ein Windrad-Panorama nach fast allen Seiten.

Hoch Richtung Saalestraße, dann rechts ab in den Graben nördlich am Steinbruch. Der Steinbruch ist jetzt ein mit brusthohem Elektrozaun eingezäuntes Naturschutzgebiet und wird gerade von Buren-Ziegen abgefressen, um ein paar seltene Pflanzen zu schützen, die in früheren Jahrhunderten durch das traditionelle Ziegen-Beweiden hier eingeschleppt worden sind.
Auf alten Pfaden quer durch den Steinbruch auf den Elefantenbuckel. Weiter Richtung Georgsburg. Komme am Hang kurz vor dem Ausgang der Kastanienallee Richtung Georgsburg zufällig an der Buche vorbei, an der Joe Fahr und ich am 3.3.1980 unsere Initialen hinterlassen haben. Picobello erhalten!

Zur Georgsburg kommt man nicht mehr auf der kleinen Straße durchs Betonwerk, die ist jetzt auch mit einem Zaun abgesperrt. Stattdessen muss man über die große Straße Richtung Brücke. Kaffee auf dem Freisitz an der Georgsburg. Neben mir fällt ein Rudel (nordwest-deutscher) Geschäftsführer ein und macht sich enorm wichtig. Ganz nebenbei werden hunderte von Millionen über den Tisch geschoben. Dazu gibts alkoholfreies Weißbier und Erdbeer-Eisbecher.

Oben brauen sich dunkle Wolken zusammen. Laufe auf dem mit EU-Mitteln mittels Asphalt sterilisierten Radweg Richtung Spilling, der jetzt ein Naturschutzgebiet ist. Links am Spilling vorbei auf die Anhöhe, dann durch den Spilling durch. Schweres Durchkommen, keine Pfade mehr. Auf der anderen Seite der Feldweg geht immer noch bis zur alten Steinbruch-Hangkante, die ist aber inzwischen weitgehend zugewachsen, man kann keine Kristalle mehr ausgraben und auch nicht nach unten durchgehen.
Zwischen Spilling und Bahnschienen ein malerisch verwildertes und wildblumen-bewachsenens ehemaliges Feld, nur ganz hinten an der Hangkante wird das Feld noch bewirtschaftet, abgetrennt vom wilden Teil durch einen Doppelzaun mit dazwischen neu gepflanzten Bäumen. Nirgendwo eine Chance, zum Lettenloch durchzukommen.

Vor zur Fernverkehrsstraße, runter zur Großen Freiheit 69. Rein in den alten Hof, viel hat sich nicht verändert. Werde gleich von einer seit 9 Jahren im ehemaligen Wohnheim wohnenden Frau gefragt, wo ich hin will, gebe mich als Altbewohner zu erkennen. Laufe durch bis zu unserem alten Stall, der steht noch und wird im linken Teil als Heuschuppen genutzt. Dahinter der Teil des Hofes ist wie in ganz alten Zeiten eine totale Wildnis. Auch die ehemaligen Gärten sind weitgehend verwildert, nur hinter unserem ehemaligen alten Haus hat sich jemand eine Freizeit-Oase mit frei stehendem Schwimmbecken geschaffen. Mein kirschkern-gepflanzter Baum steht noch, neben der teils eingefallenen Mauer.

Noch ein kleiner Abstecher zum Lettenloch, ist jetzt ein sehr gut eingewachsenes grünes Idyll mit klarem Wasser. Auf der Halbinsel hocken zwei Spritis mit ihren Bierflaschen, eine Frau mit Hund ist noch da und badet. Die Spritis rufen mir hinterher, warum ich sie kontrolliere, ich soll doch mal zurück kommen.

Auf der anderen Seite, die Bürgergarten-Gaststätte, die ist jetzt ein schniekes Alten- und Pflegeheim. Weiter die Große Freiheit hoch, links einige neue Häuser. Oben die Ziegelei ist verfallen. Durch die Wietschke, rechts das neue Schulzentrum, man kommt nicht mehr durch ins Stadtzentrum, alles mit Zaun abgesperrt. Weiter zum Bahnhof, an der jetzt von selbständigen Ärzten bewohnten Poliklinik vorbei, gerade rechtzeitig zum 17:17 Uhr Zug nach Bernburg.

Aussteigen in Bernburg-Friedenshall, auf dem alten Feldweg zwischen den beiden Gleisen Richtung Neubaugebiet. Biege dann aber links ab auf einer neuen Spur und weiss nicht mehr die genaue Hausnummer.Weiter durch das ausgedehnte, gut eingewachsene, nirgendwo wärme-gedämmte Neubaugebiet bis zum ausgedehnten Einkaufszentrum Zepziger Weg. Dann Richtung Innenstadt, durch die Fußgängerzone zum Karlsplatz, in der Abendsonne bei Linden-Düften einen Berg Kirschen verdrücken. Zum Aussichtspunkt am Schloß, am Bärenzwinger vorbei, einmal auf dem Panorama-Weg über der Saale hin und her, zum Campingplatz, Brötchen bestellen, duschen, essen, schlafen.

Donnerstag, 1.7.:  

Super Tipp vom Campingchef, Kaffee in der Kantine vom Evangelischen Jugendhilfswerk. Über den Schloß-Panoramaweg zum Busbahnhof, vorher noch Brot beim Bäcker holen. Der Bus nach Könern kommt ewig nicht. Nach 30 min ruft eine Frau die an der Haltestelle angeschlagene 0800er-Nummer an. Die geht aber nur am Samstag. Ich rufe daneben die Festnetznummer an, man verbindet mich mit der Einsatzleitung. Die versucht den Fahrer zu erreichen, der meldet sich nicht. 10 Minuten später ist ein Mini-Ersatzbus da, mit kaputtem Kassenmodul. Als ich einsteige, ist es ganz kaputt, ich fahre nach einem Vorschlag der 0800-Anruferin gratis mit, um meine Handy-Kosten auszugleichen.

In Könnern von der Bushaltestelle durchs Stadtzentrum und die Burgstraße in die Kastanienallee. Den Pfad an der Traditions-Buche hoch, finde aber den genauen Einstieg in den Steinbruch nicht mehr, der Pfad geht weiter links in die Felder. Steige dann von der Buche nach GPS grob in die richtige Richtung den Hang hoch und finde  nach einigem Umherirren im Gesträuch den großen Pfad von gestern. Komme unten bei den Ziegen raus, laufe neben den Schienen bis zur nächsten Weg-Querung. Dann auf dem Weg rechts um die Schienen bis zum Teufelsgrund.

Der untere Teil des Teufelsgrunds steht unter Wasser, auch weiter oben hat der Bach den Weg zum guten Teil zum Nebenarm gemacht. Aufstieg durch die schöne Wildnis, jede Menge Vogelgezwitscher schon den ganzen Morgen, so als wäre es noch Mai. Die Teufelsgrund-Quelle ist noch wie immer, nur ein EU-konformes Schild "Kein Trinkwasser" ist neu über dem Wasseraustritt eingemauert. An das unbewohnt aussehende, eingezäunte Grundstück am Hang gegenüber der Quelle kann ich mich gar nicht mehr erinnern.

Der rechte Pfad-Abzweig direkt Richtung Rothenburg ist nicht mehr passierbar, steige den Hauptweg hoch. Oben an der Strasse sind dicke Wolken Richtung Nordwesten zu sehen, dazu immer wieder Donner. An der Straße jede Menge reife Kirschbäume, teils sind die Kirschen schon vertrocknet. Sehr lecker!

Runter nach Rothenburg, am Draht- und Seilwerk vorbei, an der Fähre nach Burg die erste Saale-Handwäsche meines Lebens, um den Kirschsaft abzubekommen.  Weiter unten in Saale-Nähe durch einen Laubwald-Tunnel Richtung Dobis, vorbei an noch einem Ziegen-zerfressenen Naturschutzgebiet. Sitze einen leichten Regen im Schatten eines großen Baumes aus und halte dabei ein etwas spätes Mittags-Schläfchen, wegen dem ich fast meinen 17:00 Uhr Termin verpasse.  Eile vorbei am toten Saale-Arm und bin ziemlich pünktlich in Dobis. Bis 01:30 Uhr Grillen und Plaudern im idyllisch gelegenen und schön renovierten Häuschen, nur der Ausblick auf die Windräder stört etwas, nicht nur mich.

Freitag, 2.7.:  

Lange Frühstück, Fahrt nach Halle, die beiden bringen mich noch bis ans Saale-Ufer kurz vor der Burg Giebichenstein. Wandere durch die ausgedehnten Grünanlagen und das Stadtzentrum zum Bahnhof. S-Bahn bis nach Leipzig-Wahren, zum Abzocker-Verbundtarif. Laufe runter zum Campingplatz in den Auen. Duschen, eine Zecke herauziehen, essen, mails lesen. Zelt umstellen in den hinteren, unbeleuchteten und ruhigen Teil hinter der riesigen alten Eiche vor dem Sportplatz.


Samstag, 3.7.:  

Kleine Schleife am Auensee entlang, dann mit der Straßenbahn ins Leipziger Zentrum zum Bahnhof, Gepäck ins Schließfach, Stadtrundgang. 13:21 Start nach München. In München noch eine Runde durchs Zentrum, der totale Karneval nach dem 4:0 Sieg der Deutschen über Argentinien.


 
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